Der Literatur Rose Ausländers wurde bis 1975 kaum Beachtung
geschenkt, obwohl sie schon sechs Bücher veröffentlicht hatte,
allerdings mit einer Gesamtauflage von 3000 Exemplaren und über
einen Zeitraum von 40 Jahren. Dies lässt sich an ihrem ersten
Gedichtband "Blinder Sommer" belegen, der in einer Auflage von 500
Exemplaren
erschien und noch nach 15 Jahren erhältlich war.
Ihre Literatur wurde von Czernowitz, ihrer Geburtsstadt, stark
beeinflusst. Es war eine musische Stadt, die Geburtsstadt vieler
Künstler, Dichter und Philosophen, in der vier Sprachen gesprochen
wurden. Rose Ausländer fing mit 17 Jahren an zu schreiben und
dichten, sie verfasste Gedichte, lyrische Prosa, rhythmische Texte und
Märchen, welche stark von Hölderlin und Kafka beeinflusst waren. Am
Anfang wiesen alle ihre Gedichte Reime auf, was sich allerdings
während des Krieges änderte. Die harte Realität konnte laut Rose
nicht in Reime gebracht werden. Ihre Lyrik war einfach, klar, kurz und
bilderreich
und diente für sie als Therapie.
Als Czernowitz von den Nazis besetzt wurde und Rose in ein Ghetto
deportiert wurde, traf sie sich heimlich mit Freunden, um Gedichte zu
lesen, oft unter Lebensgefahr.
" Der unerträglichen Realität gegenüber gab es zwei
Verhaltensweisen: entweder man gab sich der Verzweiflung preis,
oder man übersiedelte in eine andere Wirklichkeit, die geistige. Wir
zum Tode verurteilten Juden waren unsagbar trostbedürftig. Und
während wir den Tod erwarteten, wohnten manche von uns in
Traumworten - unser traumatisches Heim in der Heimatlosigkeit.
Schreiben war Leben, Überleben."
Die Dichtung diente ihr also als Hilfe und Trost, half ihr, sich ein
wenig zu Hause zu fühlen und all ihre Probleme und Wünsche
auszudrücken. Sie half ihr außerdem, ihre Identität zu finden und ihr
Leben zu reflektieren; ihre Biographie ist anhand ihrer Gedichte zu
verfolgen. Im Mittelpunkt ihrer Dichtung steht die Sprache, die für sie
immer mit Heimat verbunden war. Ein weiteres Motiv, welches ihr
ganzes Werk (und auch ihren Namen) durchzieht ist die Rose. Sie
steht für das Schöne, für die den Menschen prägenden, empfindsamen
Züge.
1944 lernte sie Paul Celan kennen, den sie bewunderte und der ihr
Tipps
gab, als sie sich gegenseitig ihre Gedichte vorlasen.
Nach zahlreichen Reisen und einigen Veröffentlichungen wurde Rose
Ausländer, zurück in Deutschland, 1975 von Helmut Braun entdeckt,
der auf der Suche nach unbekannten Autoren für seinen neu
gegründeten Verlag war. Seither betreute und beriet er sie, gab ihr
Gesamtwerk heraus und verfasste ihre Biographie. Während Roses
letzten Jahren, in denen sie von Arthritis geplagt war, brachte er ihre
Werke zu Papier, die trotz Todesnähe und Leiden von Schönheit und
Hoffnung geprägt sind. Somit wuchsen ihre Wirkungs- und
Publikationsmöglichkeiten
(jedes Jahr ein neuer Gedichtband) immens.